Sonntag, 8. Dezember 2024

Lakon Laos

Die letzten Tage in Laos begannen nochmals aufregend. Denn der Busfahrer und seine Frau hielten sich nicht gerade an die laotische Ettikette … 

In Laos gehört Indirektheit, Diskretion und vor allem das Leisesein zum guten Ton. Konflikten wird generell aus dem Weg gegangen und öffentlich laut werden tut man sowieso nicht - zu gross ist die Angst vor dem Gesichtsverlust. Unsere Erfahrungen in Laos entsprechen in etwa diesen Vorgaben. Die Lauten sind eigentlich vor allem die Chinesen, und die (laotische) Frau unseres Busfahrers, der uns von Luang Prabang nach Vientiane hätte bringen sollen: Um 7 Uhr früh holte uns ein Tuktuk bei unserem Hotel in Luang Prabang ab und brachte uns zu einem Minivan, der uns in knapp sieben bis acht Stunden nach Vientiane bringen sollte. Zu unserer Überraschung war der Minivan äusserst komfortabel und auch sehr sauber. Nebst einem älteren Mann aus der Schweiz und seiner thailändischen Reisebegleitung waren wir auch die einzigen Gäste, wodurch wir uns sichtlich entspannt in unseren Sitzen zurücklehnten und die Fahrt genossen. Diese führte uns über eine Landstrasse in die Berge (höchster Punkt war ca. 1100 m.ü.M.). Hier muss man anfügen, dass die Strecke mit dem Minivan einiges schöner ist, als diejenige mit dem Zug, die mehrheitlich durch Tunnels verläuft - der Weg oben durch geht somit einiges länger, bietet aber einen schöneren Ausblick. Nach knapp zwei Stunden hielten wir an einer Tankstelle an, um kurz die Toiletten und den Shop daneben zu benutzen. Und hier kochte das Fass erstmals über: Die Frau des Busfahrers hatte bis zu diesem Zeitpunkt kein Wort mit uns gesprochen, sondern war schweigend auf dem Beifahrersitz mitgefahren. Nachdem wir etwa fünf Minuten draussen waren, hupte sie mehrmals und sehr laut, sagte jedoch nichts weiter und stieg auch nicht aus. Nach nochmals zwei bis drei Minuten wiederholte sie das Prozedere. Der ältere Schweizer, der noch ein Getränk kaufen wollte, kam verwirrt zum Wagen zurück. Er fragte die Ehefrau, ob sie denn so gehupt hätte; und diese rastete völlig aus. Sie brüllte ihn auf Laotisch an und gestikulierte wild. Der Mann liess sich das nicht gefallen und erhob die Stimme ebenfalls. Es dauerte eine Weile, bis die Wogen wieder etwas geglättet waren und wir weitertuckerten. 

Die Strasse über den Berg war nicht ganz so simpel und wir fuhren mehrmals an umgefallenen oder stehengebliebenen Lastwagen vorbei. 


Den Pass - leider konnte ich dessen Namen nicht rausfinden - überquert, fuhren wir noch eine längere Strecke durch verschiedene ärmliche und ländliche Dörfer. Für mich war es interessant zu sehen, wie die Menschen hier wohnten. Sehr einfach und garantiert ohne fliessend Wasser. Spannend aber; das Smartphone ist überall … Wir passierten mehrere Kinder auf ihrem Schulweg, verschiedene Felder auf denen Landwirtschaft betrieben wurde und konnten auch in die ein oder andere Wohnung hineinsehen. Und wie es sich gehört, gabelten wir unterwegs noch ein paar Einheimische, sowie Kisten mit lebendigen Hühnern oder Esswaren auf.





Der zweite Ausbruch

Nach knapp fünf Stunden Fahrt erreichten wir die Ortschaft Vang Vieng, an der uns die Thailänderin und der Schweizer verliessen. Die Thailändern konnte sich problemlos mit dem Busfahrer unterhalten, da die thailändische Region im Süden von Vientiane (der Teil Thailands, östlich von Bankok, der sich wie eine Faust in Laos reinbohrt) einen Dialekt spricht, der dem Laotischen sehr ähnlich ist. Davon profitierend fragte die Frau den Busfahrer sicherheitshalber nochmals, ob er mit Ricarda und mir bis nach Vientiane weiterfahre (so war das schliesslich mit dem Reisebüro abgemacht). Der Mann bejahte und fuhr mit uns weiter. Etwa zwei Kilometer später stoppte er an einer Tankstelle. Nach kurzer WC-Pause stiegen Ricarda und ich zurück in den Van und warteten. Plötzlich bemerkten wir, dass der Busfahrer begann, unser Gepäck auszuladen und diese einem anderen Mann im Bus neben und zu geben. Wir sprangen auf und versuchten, den Busfahrer zur Rede zu stellen. Dieser sagte nichts und machte uns gestikulierend klar, dass wir in den anderen Minivan umsteigen sollen. Dieser war aber schon voll mit Laoten und deren Gepäck. Wir sagten dem Fahrer nochmals, dass er uns bis Vientiane fahren müsse und uns das so gesagt wurde. Dann rastete die Ehefrau nochmals aus. Sie brüllte Ricarda an und wurde auch handgreiflich. Dann wurde ich etwas lauter und machte ihr irgendwie klar, dass sie mich nicht anfassen soll. Schlussendlich mussten wir aber wohl oder übel in den bereits überfüllten Minivan umsteigen. Niemand konnte Englisch und somit war ich beim Einsteigen nicht ganz überzeugt, dass wir tatsächlich ankommen. Nach einer Pause in einem Restaurant, bei der sich alle Laoten verpflegten, fuhren wir weiter und zum Glück dann auch nach Vientiane. Mal wieder eine Reise für die Nerven …



Die Hauptstadt des Reichs der millionen Elefanten

Glücklicherweise hat uns unsere Reise in den letzten zwei Wochen bereits etwas trainiert und so konnten wir die eher ungünstige Begegnung auf dem Weg nach Vientiane schnell verarbeiten. In der Hauptstadt angekommen gönnten wir uns ein richtig gutes Abendessen und starteten somit in die letzten Tage in Laos.

Am ersten Tag in Vientiane mieteten wir uns zwei Fahrräder und machten uns auf ins acht Kilometer entfernte Nationalmuseum. Uns wurde schnell bewusst, dass wir damit die völligen Exoten waren und nicht wenige Motorrad- und Autofahrer schauten uns schräg an oder hupten sogar. Teilweise verlangsamten Motorradfahrer neben uns und schauten uns aufdringlich an. Fahrradfahren ist also eher eine Attraktion als ein Vergnügen. 


Im Nationalmuseum angekommen wurden wir leider etwas enttäuscht: Viel zu sehen gab es nicht und die ausgestellten Artefakte wurden nicht in einen Kontext gestellt, aus dem man etwas lernen konnte. Es gab lediglich einen Beschrieb, was der Artefakt war. Der wohl spannendste Fakt war dann wohl, das Laos ursprünglich Lanxang-Reich hiess - das Land der millionen Elefanten. König Fa Ngum war der erste König von Laos und benutzte Elefanten als Teil seines Heeres, um Dörfer und Städte zu erobern und so das Lanxang-Reich zu vereinen.



Auf dem Rückweg fuhren wir mit den Velos am Pha That Luang vorbei. Das Wahrzeichen von Laos ist komplett golden angemalt und gehört zu einer kleineneren Stadt, in der viele grössere und kleinere Tempel gehören. Der Legende nach soll sich im That ursprünglich ein Heiligtum des Volkes Mon befunden haben. 





Nebst dem Pha That Luang konnten wir neben dem liegenden Buddha auch eine kleine Prozession ähnlich eines Gottesdienstes beobachten. Die Menschen beteten mit Geld in der Hand, welches sie danach den Mönchen beim Vorbeigehen in eine Schale legten.









Pausentag

Der zweite Tag in Vientiane war der Gemütlichkeit gewidmet. Wir schliefen aus, genossen das sehr gute Frühstück in unserem Hotel und verbrachten den restlichen Vormittag mit lesen. Der Nachmittag war dazu da, etwas Sport zu treiben und mit Freunden oder mit der Familie zu telefonieren. Am Abend führten wir uns die japanische Küche zu Gemüte, welche in diesen Breitengraden etwas günstiger zugänglich ist, als in der Schweiz. Arigato!


Viel zu viele Bomben

An unserem dritten und letzten Tag in Vientiane besuchten wir das COPE Visitor Center. Dieses befasst sich mit dem Vietnamkrieg, in den Laos unfreiwillig reingezogen wurde. Denn die kommunistische Viet Cong in Vietnam benutzte den sogenannten Ho Chi Minh-Pfad um von Norden Vietnams in den Süden (und umgekehrt) zu gelangen. Dieser Pfad führte hauptsächlich durch laotisches Staatsgebiet. Die USA entschlossen dann an einem Punkt, das gesamte Gebiet des Ho Chi Minh-Pfades zu bombardieren, um der Viet Cong den Riegel vorzuschieben. Als Folge davon wurde Laos zum meist bombardierten Land auf der Welt! 


Hochgerechnet liessen die USA so zwei Millionen Tonnen Bomben fallen - also eine Ladung alle acht Minuten, 24 Stunden am Tag für neun Jahre! Meistens warfen die USA grössere Bomben-Konstrukte ab, die sich dann in der Luft öffneten. Die darin enthaltenen kleineren Bomben (“Bombies“) hatten jede einzelne eine Explosionskraft für die Reichweite von drei Fussballfeldern. 




Etwa 30% aller abgeworfenen Bomben detonisierten nicht und bis heute kommt es deshalb immer wieder zu (tödlichen) Vorfällen, bei denen Menschen unabsichtlich eine Bombe explodieren lassen - zum Beispiel Bauern bei der Feldarbeit oder spielende Kinder.

Ein kultureller Markt als Abschluss

Nach dem doch eher eindrücklichen Besuch im COPE Center war unser letzter Abend in Vientiane dann doch wieder etwas ausgelassener. Wir besuchten den Cultural Market in der Nähe unseres Hotels und schlenderten gemütlich durch die verschiedenen Gassen. Was soll man da nur essen?

Wir entschieden uns für eine Art frittierter Teig mit Käse gefüllt (schmeckte wie Pizza), frittierte Shrimps und einen selbst zusammengestellter Gemüse-Muscheln-Nudeln-Salat. Bei Letzterem sagten wir, dass wir „ein bisschen“ scharf wollen. Schlussendlich erhielten wir aber wohl das laotische „Bisschen“ … wenn es nicht so scharf gewesen wäre, hätte es sicherlich gut geschmeckt … Als unsere Münder wieder etwas beruhigt waren, gönnten wir uns noch ein typisches Dessert - Kokosnussmilch-Pancake: Dieser war leider nicht wahnsinnig schmackhaft.















Lakon Laos!

Mit diesem kulinarischen Abschluss endet unsere Reise in Laos und wir sagen Lakon, tschüss. Die 12 Tage in Laos waren vielseitig, lehrreich und nervenaufreibend. Wir haben wunderschöne Natur gesehen, sehr viel Kulinarik erlebt und uns auch etwas aufgeregt. Die Indirektheit der Laoter war teilweise etwas schwierig und wir hätten und ab und an gewünschte, klarere Infos zu erhalten. Zum Beispiel, welche Gerichte auf der Speisekarte gar nicht verfügbar sind, anstatt uns frei auswählen zu lassen und mit einem „Don‘t have“ abzufertigen bis wir irgendwann auf ein Gericht tippen, das tatsächlich verfügbar ist… Andere Länder, andere Sitten. Morgen Montag fliegen wir zurück nach Hanoi. Lakon! 

4 Kommentare:

  1. Super schöne, diese Reise durch die Berge auf dem Weg nach Vientiane! Eindrücklich ist auch die Pracht der Kulturgüter! Wunderschön war der Raum, den du nicht nur fotografiert sondern auch gefilmt hast. War dies das Nationalmuseum? Ich nehme an, die Bilder erzählen vom Leben von Buddha?

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    1. Der Raum mit den verschiedenen Buddhas war Teil der "Tempelstadt", zu der auch der Pha That Luang gehört. Es ist aber nicht das Nationalmuseum. Der Pha That Luang ist das Nationalsymbol von Laos, was genau die Gebäude darum herum bedeuten, weiss ich leider nicht. Die Bilder scheinen tatsächlich aus dem Leben des Buddhas zu erzählen. Leider gab es vor Ort keine genaueren Infos oder Inschriften.

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  2. All diese Bilder vom Essen machen gluschtig! Was trinken die Menschen aus Laos eigentlich traditionell? Speziell finde ich, dass das Essen sehr authentisch aussieht, das Setting aber sehr amerikanisch geprägt wirkt mit Plastikstühlen und Tischtüchern von Coca Cola :-)

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    1. Der Markt war sehr toll! Wir hätten da wohl noch so einiges probieren können. Es gibt das Beer Lao, welches sehr beliebt ist. Andererseits gibt es in Laos viele Fruchtsäfte (Mango war mein absoluter Favorit). Auch Tee wird getrunken. Wasser zum Essen zu trinken ist wohl eher nicht die Norm. Natürlich gibt es auch Süssgetränke. Die Plastikstühle sind wohl vor allem auch praktischer Natur und nicht aufgrund von amerikanischen Einflüssen vorhanden - das zumindest ist meine Einschätzung :-)

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