Freitag, 21. Februar 2020

Puebla, Training und Papierkrieg

Nach drei wirklich eher stressigen Wochen hat sich das Chaos nun minim gelegt. "Normaler" Unterricht, die (hoffentlich) letzten Bürokratie-Bemühungen und meine ersten Trainings in der Kunstturnhalle der UNAM.

Puebla

Zum Ende der Kalenderwoche stand mal wieder ein Ausflug auf dem Programm. Diesmal jedoch nur für einen Tag in das nahegelegene Puebla. Nach zwei Stunden fahrt kamen Léonie (Genf), Adrien (Frankreich) und ich in dem südlich von Mexiko-Stadt liegenden Städchen an. Puebla ist bekannt für seine kulinarische Geschichte, die Kolonialarchitektur und das Töpferhandwerk, weswegen wir uns an diesem Tag auf die Spuren von Pueblas Bekanntheitsobjekten machen wollten. Die Hilfsbereitschaft der Mexikaner zeigte sich auf unserem Weg vom Busbahnhof in das Zentrum (der sogenannte Zócalo) Pueblas. Da wir den öffentlichen Linienbus nehmen wollten, fragten wir in der Ankunftshalle nach dem richtigen Weg. So trafen wir den allerersten Polizisten, der keine Ahnung hatte, wo die Bushaltestelle liegt, sowie zwei weitere Personen, die uns jedoch in die entgegengesetzte Richtung schickten. Als wir dann die Bushaltestelle tatsächlich fanden - das ist hier übrigens nicht so leicht, denn die Bushaltestellen sind oft nicht gekennzeichnet sondern verraten sich dadurch, dass am Strassenrand eine Gruppe von Menschen in Reih und Glied wartet - fragten wir erneut zwei Señoras nach dem richtigen Bus (Buspläne gibt es ebenfalls keine). Erneut mit zwei verschiedenen Lösungen konfrontiert, setzten wir auf unser Bauchgefühl und kamen pünktlich zum Mittagessen im Zócalo an.




Nach einer Vorspeise mit Guacamole genossen wir drei (übrigens fleissig Französisch redend... :D) unsere jeweiligen mexikanischen Gerichte. Ich entschied mich wie immer für ein typisches Gericht aus der Region. Chancla ist quasi ein Stück Brot auf dem Avocado, Salat und Poulet aufgetürmt ist. Abgerundet wird das Türmchen von einer typischen roten Sauce, welches wie in einem Burggraben um das Gericht herumfliesst. Es sah schön aus, war aber etwas klein und auch nicht der Gipfel des Geschmacks. Mein Liebling unter den mexikanischen Gerichten wird es also nicht. Aber man muss es ja versuchen, um genau das herauszufinden. ;-)



Nach dem Essen machten wir uns auf Erkundigungstour durch Puebla. Die Häuser um das historische Zentrum herum waren wirklich prächtig und verleihten der Stadt ein spezielles Ambiente. Der Markt Parián war somit umgeben von einer faszinierenden Kulisse. Gleich nach dem Markt kamen wir ins Künstlerviertel, in welchem sich gemütliche Kaffees und Ateliers aneinanderreihten.







Nach dem obligatorischen Foto auf den Grossbuchstaben Pueblas (diese Buchstaben gibt es in jeder grösseren Stadt) sowie einem mexikanischen Zvieri (Churros natürlich), schliefen wir müde von der Sonne und dem Stadtbummel die gesamte Heimreise durch.


Training à la Mexiko eben...

Mir voller Elan und Vorfreude auf die erste normale Studienwoche, stand ich am Montag den 17. Februar pünktlich um 10 Uhr vor dem Zimmer der Mastervorlesung, die ich aufgrund des Streiks besuchen kann. Die beiden anderen Auslandsstudenten und ich staunten nicht schlecht, als 15 Minuten nach Stundenbeginn noch immer niemand da war. Vielleicht hat ja das Zimmer gewechselt? Nein. Wie wir dann herausgefunden haben war die Professorin krank und hat die Stunde (resp. die vier Stunden) abgesagt. Wir Auslandsstudenten wurden nicht informiert, weil wir noch nicht auf der offiziellen Liste des Kurses stehen. So viel zu meinem Unitag vom Montag.


Was mich freute war, dass ich am Dienstag regulär Uni hatte UND die beiden geplanten Stunden sowohl pünktlich begannen, strukturiert waren sowie pünktlich endeten. Juhui! Danach machte ich mich auf den Weg in mein erstes Kunstturntraining hier in Mexiko. Eigentlich ist meine Gruppe jeweils am Morgen am Trainieren (8:30-13:00 MO-FR). Da ich jedoch nur zweimal am Morgen teilnehmen kann, bat mich meine Trainerin, am Dienstagnachmittag mit einer anderen Gruppe zu trainieren. Und genau dieses Training war mal wieder Mexiko pur:
Eigentlich hätte das Training um 14:00 beginnen sollen. Der Trainer kam um 15:00 reingeschlendert und bot mir danach das ineffizienteste Training das es gibt. Die Hälfte meiner Gruppe konnte weder einen Handstand noch ein Rad. Aber wie auch, wenn der Trainer während dem 1h 15 dauernden Einturnen 15 Minuten verschwindet um zu Essen, abgelenkt ist weil er seinen etwa 10-Jährigen Kindern bei den Hausaufgaben hilft oder auch einfach vergisst, uns zuzuschauen weil er mit jemanden am "Schnörre" ist. Nichts desto trotz hab ich mich darüber gefreut, endlich wieder etwas zu turnen und das Turnhallen-Ambiente zu fühlen. Und die beiden 16-Jährigen Ladies hatten sichtlich Freude daran, dass ich ihnen bei einem Element Hilfestellung geleistet sowie Korrekturen gemacht habe. Das wäre ja eigentlich Aufgabe des Trainers, aber der war ja am Pleuderlen.

Das erste Training mit meiner offiziellen Gruppe am Donnerstagmorgen war sichtlich besser. Zwar hat auch hier die Trainerin praktisch nie geschaut und verschwand plötzlich. Aber einerseits war das nur eine Aushilfstrainerin weil die eigentliche Trainerin gerade in Australien weilt. Und andererseits ist die Gruppe wirklich cool, ich erhalte Korrekturen von den anderen Turnerinnen UND ich hab sogar ein Bögli auf dem Schwebebalken geturnt (mit Hilfe natürlich). 4.5h Training waren sichtlich anstrengend aber ich freue mich auf diese Erfahrung, hier in Mexiko zu turnen.

Für diejenigen, die nicht genau wissen, was ein Bögli ist :-). 


Nochmals Bürokratie

Wenn wir schon bei typisch Mexiko sind, so will ich euch nochmals etwas zur komplizierten Seite Mexikos erzählen: Am Mittwochmorgen machte ich mich auf den Weg in die Zentralbibliothek der UNAM, um ein paar Bücher für meine Seminararbeit auszulehnen. Nachdem ich im Computer im Eingangsbereich einige Bücher im Online-Katalog herausgesucht habe, machte ich mich auf die Suche nach eben diesen Büchern. Im zwölfstöckigen Gebäude suchte ich eine halbe Stunde in den Stöcken 5,6 und 7, bis ich dann am Empfang unten nachfragte, wo denn diese Bücher seien. Stellte sich heraus, dass von diesen acht Büchern die ich suchte, sechs gar nicht mehr gab. Toll. Die anderen beiden hatte ich dann doch noch gefunden und wollte sie ausleihen. Der Mann an der Ausleihstation sagte dann, dass ich mich zuerst unten im Eingangsbereich bei den Computern registrieren müsse. Da dies dann aber nicht funktionierte ging ich nachfragen. Fazit: Weil ich Auslandsstudentin bin muss ich zuerst ein Formular in einem Büro abholen, dieses ausfüllen und zurückbringen. Dann muss ich 500 Pesos Depot hinterlegen und erhalte eine Nummer, mit der ich mich bei den Computern registrieren kann. Danach kann ich Bücher ausleihen.... Mal wieder so ein langwieriger Prozess für etwas, das man (wie ich das von der Uni Basel kenne) ganz einfach lösen könnte. Da ich in den letzten Wochen genug Bürokratie hatte, lasse ich den Bibliotheksprozess einmal weg. Aufgeregt über einen erneuten aufwendigen Papierkrieg, beruhigte ich mich bei Kaffee und Kuchen und versuchte, mich auf das schöne hier in Mexiko zu konzentrieren. Nämlich alles, was nichts mit der Uni zu tun hat. 

8 Kommentare:

  1. Was mich an deiner ersten Foto von Puebla fasziniert ist, dass es da eine Strassenkreuzung gibt, die Ampel auf grün leuchtet - und offensichtlich mitten auf der Kreuzung ein Verkaufsstand steht, bei dem Essen zubereitet wird :-)

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    1. Gut beobachtet ;-) Die Regeln des Strassenverkehrs sind hier nicht in Stein gemeisselt. Rot ist nicht gleich rot. Und auf der Autobahn beispielsweise steht zwar Tempolimit 95, aber unter 120 fährt keiner

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  2. Deine Fotos von Puebla zeigen einen Strassenmarkt. Auf einem Bild sieht man viele mexikanisch verziehrte Töpfe, Teller, Schuhsohlen (oder was auch immer dies sein mag), etc. Da du wahrscheinlich zu den wenigen internationalen Touristen gehörst stellt sich mir die Frage, wer denn dies alles kauft. Sind dies Städter aus Mexiko City? Oder Inlandtouristen - oder doch Ausländer? Überhaupt gefällt mir die Stadt sehr! Sieht sauber, strukturiert und gut erhalten aus!

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    1. Es hatte einige internationale Touristen. Aber das Land Mexiko ist grösser als die Schweiz und Deutschland zusammen. Also gibt es wohl viele einheimische Touristen von weit weg, die diese Souvenirs kaufen.

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  3. Wenn ich dies richtig verstehe ist beim Chancla das Brot die Basis. Wegen dem "Burgsee" weicht sich diese wohl richtig auf - korrekt? Ideal wohl für ältere Leute ;-)

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  4. Deine Strichmännchen-Bildfolge gefällt! Dies könnte auch unter "abstrakte Kunst" verkauft werden :-)

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    1. Kunst liegt im Auge des Betrachters ;-). Zum besseren Verständnis der Turnsprache (Bögli) reicht es alleweil.

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