Samstag, 24. Juni 2023

Lehrreiche Geschichte, giftige Farbe und gemütliche Kaffekränzchen

Wer gedacht hat, dass man sich ab Pyramiden irgendwann sattgesehen hat, der hat sich getäuscht.

Edzná hat mich begeistert aber Palenque setzt dem ganzen Maya-Eisbecher noch die Kirsche obendrauf. Die ehemalige Maya-Stadt liegt im tiefsten Innern des Bundesstaates Chiapas. Chiapas ist der Bundesstaat Mexikos mit der grössten indigenen Bevölkerung und den meisten indigenen Sprachen. Palenque ist dabei nicht nur der Name der Ruinenstadt, sondern auch des Ortes selber. Der Ort an sich ist nicht wahsninnig schön aber die Stimmung in den Strassen ist eindeutig mexikanisch. Überall läuft laut Latino-Pop, an jeder Ecke steht ein Stand an dem Essen oder Trinken verkauft wird und auf den Bänken im Park oder am Strassenrand sitzen oder stehen Menschen und unterhalten sich. 


Der sehr touristische Bereich kann man unter anderem daran erkennen, dass es viele nicht-mexikanische Essensangebote gibt. Ich fand jedoch am Tag meiner Ankunft einen Ort, an dem ich Enchiladas mit Mole (der Schokoladensauce) geniessen durfte. Wenn auch fein, so muss ich gestehen, dass mir die Mole aus Oaxaca oder Puebla besser schmeckt. Die Mole chiapaneco (aus Chiapas) wird nämlich mit Tomaten zubereitet. Und so schmeckt es wie mit Tomatensauce gestreckte Mole. 

In einem anderen Restaurant gönnte ich mir am Tag vor meiner Abreise Sopes (ähnlich wie Tortillas aber dicker) aus blauen Mais. Und die wahren wirklich extrem gut! Und die Liquados („Smoothies“) sind sowieso de Hit (v.a. Mango).



Beeindruckende Geschichten und Bauten 

Von Palenque sind es 15 Fahrminuten zu den Ruinen. Ich habe diesmal ein Colectivo (öffentlicher Kleinbus) genommen, der mich für 25 Pesos (ca. CHF 2.20) zur Maya-Städte brachte. 


Anders als bei den anderen Ruinen, die ich bisher besuchte, muss man die Tickets bereits beim Museum, ca. 1 Kilometer unterhalb des Eingangs bezahlen. Hier ist wichtig, genug Bargeld zu Hand zu haben: denn es gibt (noch) keine Möglichkeit, mit Kreditkarte zu bezahlen und auch einen Bankautomaten gibt es nicht. Aufgrund des Baus des Tren-Maya (Maya-Zug), mit dem die verschiedenen archäologischen Ziele miteinander verbunden werden sollen, wird aber wohl auch die Kreditkarten-Zahlung in Palenque Einzug erhalten. Der Zug soll mehr Touristen anziehen und man will somit auch Palenque "Modernisieren".  

Ab ins Dickicht

Nichts desto trotz, einmal herausgefunden, wo man die Tickets erhält, machte ich micht mit einem Guide auf in die Tiefen des Jungles. Denn Palenque besteht aus zwei Teilen: die ausgegrabene und aufbereitete archäologische Zone, und die selva (Urwald), wo man unter anderem noch verborgene Maya-Ruinen sehen, aber auch die Natur bestaunen kann. Der Entscheid, die Urwald-Tour (ca. 1-1.5h) zuerst zu machen, war absolut richtig. Denn die meisten gehen den umgekehrten Weg und somit waren wir praktisch komplett alleine im Dickicht. Ich konnte eine Affenfamilie beobachten, die hoch über meinen Köpfen die Früchte von den Bäumen frassen. Auch ein Baby-Affe war dabei. Bevor sie uns jedoch die Früchte auf den Kopf fallen liessen, setzten wir unseren Weg fort. Einige Bäume angeln sich wie Lianen an anderen Baumstämmen hoch: was wie eine Umarmung aussieht ist jedoch das Todesurteil für den inneren Baum. Der Parasit lebt weiter, wobei der Stamm eines anderen Baums als Startkapital dient. Eindrücklich!




Des Weiteren gibt es sogenannte „Platanillos“ (plátano, dt. Banane), die aussehen, als wären sie Bananenbäume, sind sie jedoch nicht. Die Blätter sind jedoch praktisch identisch, weshalb man auch mit diesen “falschen“ Bananenbaum-Blättern Tamales machen kann (dabei wird Teig aus Mais in die Blätter gepackt und gekocht).


In Chiapas gibt es auch viele Kakao-Bäume, mit denen durchaus auch Schokolade angefertigt wird. Die Kakaobäume in der selva werden aber nicht geerntet. Die Früchte sind für die Tiere. Der Wachstumsprozess ist jedoch schön zu beobachten. Von Sprosse zu Blume zu Frucht.



Augen auf!

Wenn man aufmerksam durch den Urwald gehr, kann man so Einiges entdecken. So auch noch verdeckte Mauern von ehemaligen Maya-Gebäuden. Faszinierend, wenn man bedenkt, dass viele zu besuchenden Maya-Städte mal so versteckt waren. Denn der Urwald hat die Gebäude praktisch vollständig vereinnahmt und man könnte nur zu gut an einer Mauer vorbeilaufen, ohne diese zu sehen. Ein Guide hilft hier.



Einen kleinen Fun-Fact zum Ende der Erzählung über die selva: es gibt einen Baum, der unten (im Schatten) braun ist und oben (an der Sonne) rot. Der Baum wird árbol rojo (roter Baum) oder auch árbol extranjero (ausländischer Baum) genannt. Dies, weil die Mexikaner zwar braungebrannt sind, die Ausländer sich in diesen Breitengraden aber sehr schnell einen Sonnenbrand holen. :P 

Ab in die Ruinenstadt

Nach dem sehr ergiebigen selva-Rundgang, machte ich mich alleine - aber mit einigen Geschichten des Guides im Gepäck - auf Erkundungsreise durch die ausgegrabene Ruinenstadt Palenque. Palenque kommt aus dem Spanischen palo (dt. Pfosten, Stämme) und heisst soviel wie „Die Stadt der vielen Bäume“. Die Mayas nannten die Stadt Lakam Ha’ (dt. der Ort der vielen Wasser).



An dieser Stelle finde ich ein “WOW!“ sehr passend. Denn nach all dem, was ich in den letzten 10 Tagen an Ruinen gesehen habe, ist Palenque einfach noch ein bisschen mehr. Der Fakt, dass die Stadt noch sehr stark von Urwald umgeben ist, trägt zu einer bestimmten Mystik ses Ortes bei. So betritt man die Zone unter Bäumen und muss ins Freie laufen, um einen Blick auf die ersten Pyramiden zu haben. Von links nach rechts (Video): Grab des Pakal, Grab der Reina Roja (rote Königin, Mutter von Pakal, auch Sak K‘uk‘ genannt) und Pyramide der Calaveras (Tötenköpfe). 


Machtübergabe mit Folgen

An dieser Stelle etwas Geschichte: Palenque wurde ca. 100 v.Chr. gebaut und ca. 900 n.Chr. verlassen. Die Mayas, die Palenque verliessen, siedelten sich in Chichén-Itzá an. Zu Beginn regierten in Palenque die Frauen, weil man merkte, dass sie das gut können. Als dann aber die Bevölkerung Palenques wuchs und auch die Spannungen mit anderen Siedlungen grösser wurden, fanden die Männer, dass jetzt sie das Zepter in die Hand nehmen müssen. Krieg führen die Männer und mit Krieg wollte man die Spannungen in den Griff bekommen. Und so übergab die später als Reina Roja bekannte Königin das Reich 615 n.Chr. ihrem Sohn, Pakal, der 68 Jahre lang (12J bis Tod mit 80J) bis 683 n.Chr. regierte und Palenque auf die Höhe seiner Zeit brachte. Gleichzeitig kann diese Ära aber auch als Ära des anfänglichen Niedergangs bezeichnet werden: Unter Pakal begann man, mächtige Pyramiden zu bauen. Dafür brauchte man Zement. Den machen die Mayas indem sie einen weichen Stein zermalmten und den mit Wasser, zermalmten Muscheln, Sand und Flachs (Material, dass von Bäumen stammt) mischten. So entstand ein resistentes Gemisch, mit dem die Steine aufeinandergestapelt und befestigt wurden - gewisse halt bis heute. Der Nachteil, der grosse Bedarf an natürlichem Material führte dazu, dass Hektaren von Urwald abgeholzt wurden. Dies brachte das Gleichgewicht ins Wanken. Es wurde wärmer und immer schwieriger, die Bevölkerung zu ernähren. Irgendwann, wurde Palenque dann verlassen. Was wie jetzt aus dieser Geschichte lernen könnten, muss ich wohl nicht ausführen…

Toxische Farbe und geopferte Diener

Zurück zu den drei bereits erwähnten Pyramiden. Die Pyramide der Totenköpfe war dem Totengott gewidmet. Die „Reina Roja“ wird so genannt, weil ihr Grab und auch sie komplett in rot bemalt war. Diese rote Farbe war toxisch und sollte vor Grabraub schützen. Wer sie einatmet, wird vergiftet (die Ägypter machten Ähnliches). 


Man vermutet zudem, dass die Reina Roja mit zwei Dienerinnen begraben wurde. Bei den Mayas war es normal, dass die Bediensteten mitbegraben wurden. Sie sollten die Könige ins nächste Leben begleiten. Neben der Reina wurde eine Dienerin mit Kopf nach unten begraben, die andere mit Kopf nach oben. Die eine sollte den Körper der Königin in die Unterwelt begleiten, die andere ihre Seele in den Himmel (zu den Göttert). Die Grabbeigabe und der Jade-Stein im Mund der Königin sollten dabei dazu dienen, den Eintritt in die Unterwelt zu bezahlen. Im Grab von Pakal wurden wahrscheinlich sechs Diener mitbegraben …

Gewinnen einmal anders

Menschenopfer waren bei den Mayas keine Seltenheit. Es war eine Ehre, für die Könige oder für die Götter zu sterben. Wie auch in Chichén-Itzá, Uxmal oder Edzná gibt es auch in Palenque ein Juego de Pelota zu sehen. 


Oft war es so, dass die Sieger des Spiels den Göttern geopfer wurden (für die Mayas eine Ehre; für uns wohl kaum eine Belohnung :P), während die Verlierer in einem anderen Spiel die Chance erhielten, zu gewinnen. Verlor man mehrmals hintereinander, wurde man als nicht-würdig angesehen und als Sklave eingesetz resp. vekauft. Es gab also entweder Tod oder Sklavenarbeit … die meisten bevorzugten Ersteres.

Da ich Palenque am 21. Juni (Sommersonnenwende) besuchte, durfte ich noch Zeuge eines Rituals zu Ehren der Sonne werden. Unten das Video dazu sowie noch weitere Impressionen aus der Maya-Stadt:







Grüner Abgang

Wer den Palenque-Rundgang macht, kann entweder den üblichen Ausgang nehmen, oder zu Fuss durch den Urwald einige Treppenstufen bis zum Museum (wo man die Tickets gekauft hat) laufen. Ich entschied mich für die zweite Option und bekam nochmal schöne Natur und fliessende Wasser - wie es Lakam Ha‘ impliziert - zu sehen.







Routen-Ratschlag

Wer vorhat, diese von mir besuchten Pyramiden Mexikos zu besuchen, dem rate ich die Reihenfolge Chichén-Itzá, Uxmal, Edzná, Palenque. Umgekehrt ist der Wow-Effekt ein ganz anderer. Aber natürlich gäbe es noch viel viel mehr zu entdecken. Die Mayas hinterliessen definitiv ihre Spuren.


Das “Tüpfchen“ auf dem i

San Cristóbal de las Casas war die letzte Station, bevor es für fünf Tage nach Mexiko-Stadt geht. Das Städtchen hat Charme, den kaum beschreiben kann. Man muss es erleben. Für Kaffeekränzchen-Liebhaber wie mich ist San Cristóbal der reinste Traum. An allen Ecken verlocken kleine Lokale zum Verweilen


Die Stimmung in den Strassen ist lebendig, lebensfroh und farbig. Dabei erinnerte mich das Stadtbild inklusive der einheimischen, sehr indigen geprägten Bevölkerung sehr stark an Cuzco (Peru).







Nebst Kaffee kann man aber auch gut essen: Zum Mittagessen gab es Quesadillas und am Abend schaute ich in einem kleinen Restaurant Namens “Chef Claudia Sántiz“ vorbei, wo es Ceviche, gefüllte Zucchini und flambierte Bananen gab. Claudia Sántiz stammt aus der ethnischen Gruppe der tsotsil und kocht indigene Gerichte und bietet auch Kurse an.




Zum Schluss möchte ich Allen danken, die bis hierhin gelesen habe. Es war viel aber ich wollte euch die spannenden Infos nicht vorenthalten. :-)

2 Kommentare:

  1. Interessante Ausführungen, sehr unterhaltsam und informativ! Die Fotos und Videos runden das Geschriebene perfekt ab. Weiterhin viel Spass, Mami

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  2. Unglaublich diese Vielfalt an Tempeln, Pyramiden und Wohnstätten. Grad heute habe ich zudem gelesen, dass 60 km im Jungle wieder eine bisher unbekannte Mayastadt entdeckt wurde! Wahrscheinlich verbirgt der Urwald noch viele Überraschungen aus vergangenen Zeiten!

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