Dienstag, 13. August 2019

Leiden im Licht – Ariella Käslin

Egal ob Fussball, Skifahren oder Leichtathletik. Sport hat eine Saugwirkung wie sonst fast Nichts auf dieser Welt. Ob an Olympischen Spielen, Welt- oder Europameisterschaften, Sport zieht Menschen massenhaft vor die Fernsehgeräte und begeistert seit Jahren. Den Zuschauern, Fans und Sport-Fanatikern bleibt jedoch oft verborgen, was die Sportler eigentlich durchmachen. Eine sehr eindrückliche Geschichte erzählt die ehemalige Kunstturnerin Ariella Käslin.

Die Luzernerin begann im Kindesalter mit dem Kunstturnen und verbrachte die Jugend in der Turnhalle. Dass die ehemals erfolgreichste schweizer Kunstturnerin jedoch litt, gab sie erst nach ihrem Rücktritt bekannt.


Die Schattenseiten eines Spitzensports

Im ihrem Buch Leidenim Licht berichtet Ariella darüber, wie sie anfänglich von Energie strotzend und voller Motivation in Luzern mit dem Kunstturnen begann. Im frühen Teen-Alter wechselte sie ins Kunstturn-Zentrum nach Magglingen, um mit dem Schweizer Nationaltrainer zu trainieren. Den jungen Frauen wurde täglich eingetrichtert, wie schlecht sie sind, wie dick ihre «Hintern» sind. Sie mussten einen strengen Ernährungsplan einhalten, durften keine Sekunde zu spät zum Training kommen. Die Mädchen wurden von ihren Familien isoliert und vom Trainer gegeneinander ausgespielt. Ariella wurde vom einst aufgestellten und energiegeladenen Mädchen, zu einer in sich gekehrten und energielosen Person. Sie trainierte einfach weiter. Sie stand jeden Tag in der Halle, machte alles, um ihren grossen Traum von Olympia wahrwerden zu lassen. Und, sie erreichte ihr Ziel. An den Olympischen Spielen 2008 in Peking erreichte sie den fünften Platz im Sprung und Rang 18 im Mehrkampffinale (4 Geräte).
2011, ein Jahr vor den Sommerspielen in London, trat Ariella Käslin überraschend zurück. Was auf den ersten Blick überraschend erscheint, wird nach dem Lesen von Käslins Buch verständlich. Sie litt bereits während ihrer Karriere unter Depressionen und Erschöpfung.

Blick hinter die Kulissen

Das Buch Leiden im Licht bringt ans Licht, was in der schweizer Gesellschaft leider noch immer verpönt wird. Psychische Erkrankungen wie unter anderem Depressionen werden noch oft belächelt, obwohl sie ein ernst zu nehmendes Problem sind. Stilistisch erschien mir das Buch zwar sehr schlecht geschrieben, aber die Probleme, die Ariella beschreibt, sind traurig und bewegten mich zutiefst.
Ich habe mich mit einigen Kollegen unterhalten, die das Buch ebenfalls gelesen haben. Und ich war nicht überrascht, was ich für Reaktionen erhielt. Die meisten sagten, dass sie das Ganze etwas übertrieben dargestellt fänden. Ariella wäre ja erfolgreich und sicherlich auch glücklich gewesen. Wer sich jedoch näher mit dem Thema Depression und Erschöpfung auseinandersetzt erkennt, dass diese Darstellung alles andere als übertrieben ist. Depressionen sind sehr schwer erträglich und der Teufelskreis, indem man steckt, scheint beinahe ohne Ausweg.

Ich würde jedem Sportfan und auch jedem Interessierten von den Schattenseiten des Sports empfehlen, das Buch Leiden im Licht von Ariella Käslin zu lesen. Es zeigt auf, mit was gewisse Sportler aber auch immer mehr «normale» Menschen zu kämpfen haben und spricht über ein Tabu-Thema, welches auch andere berühmte Sportler wie den ehemaligen Skispringer Sven Hannawald in ihrer Karriere blockierte. Spitzensport aber auch das Leben im allgemeinen ist geprägt von Emotionen, Auf und Abs und nicht alle sind immun gegen den Drill von Trainern, dem Gerede der Medien und den eigenen Erwartungen. Leiden im Licht spricht an, was viele nicht anzusprechen wagen.

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