Dienstag, 20. Juni 2023

Weniger ist Mehr

Von Valladolid sind es zweieinhalb Stunden nach Mérida. Die Stadt ist gross aber dennoch versprüht sie ein Hauch von Ferien.

Die Häuser sind meistens nur ein Stockwerk hoch und farbig. Nur im tiefsten Zentrum, dort, wo die Spanier ihre Macht ausübten, gibt es zweistöckige Häuser. Dort sieht man auch den Kolonialen Stil, den die Spanier brachten. Die Kirche gleicht, zum Beispiel, derjenigen in Valladolid


Die Temperaturen erreichten dieser Tage 45 Grad im Schatten, weswegen das Spazieren fast einem Schwimmen glich … der Schweiss lief ununterbrochen. Trotzdem versuchte ich, die Stadt zu erkunden und besuchte unter anderem das anthropologische Museum. Am Spannendsten fand ich dabei die Übersetzungen der Hieroglyphen, die Grösse der Kamera, mit der die frühesten Fotos der Fundstätten gemacht wurden, sowie die Kunstfertigkeiten der Mayas.





Am Nachmittag zog es mich Tag ans Meer, nach Progreso. Das Küstendorf ist nicht wahnsinnig schön, ebensowenig der Strand. Nochmals würde ich da nicht hi gehen. Zudem war der Wind leider so stark, dass das Sitzen auf dem Sand fast unmöglich war, denn Sandkörner, die auf die Haut prallen, tun weh. Nichts desto trotz war es toll, für eine kurze Zeit nicht zu schwitzen, auch wenn die Wassertemperatur keines Wegs eine Abkühlung darstellte.

Weitere Pyramiden

Am Tag 2 machte ich eine Gruppen-Exkursion nach Uxmal (ausgepr. “Uschmal“) und Kabah. Zusammen mit vier Mexikanern und dem Guide, erkundete ich die Ruinenstadt Uxmal, welche mir viel besser gefiel als Chichén Itzá.  Ich denke, dies liegt einerseits daran, dass Uxmal viel weniger touristisch war. Von Menschenmassen konnte in Uxmal also keineswegs die Rede sein. Andererseits ist Chichén Itzá vor allem die eine Pyramide, während Uxmal zwar auch eine Hauptpyramide besitzt, jedoch noch als Stadt erkennbar ist und mehr Gebäude betrachtet werden können. Man datiert Uxmal auf ca. 500 v. Chr., womit die Stadt älter ist als Chichén Itzá. 






Das Spezielle an Uxmal ist, dass die Stadt auf ca. 150 m.ü.M liegt. Aus diesem Grund gibt es keine Cenotes, die die Stadt mit Wasser hätten versorgen können. Genauer gesagt liegen sie zu weit unter der Erde, sodass man nicht an das Wasser hätte kommen können. Aus diesem Grund sind in Uxmal sogenannte Chultúnes zu finden. Ein Chultún ist, einfach gesagt, ein Wasser-Sammelbecken. Dabei gab es separate Becken für die Menschen und für die Tiere. 


Uxmal (von „Oxmal“) bedeutet soviel wie „drei Mal gebaut“ (ox 'drei‘) und deutet darauf hin, dass die Stadt drei Mal verlassen, respektive wieder aufgebaut wurde. Die Evidenz dafür kann bei gewissen Bauten beobachtet werden: sie haben drei übereinanderliegende Mauern.


Des Weiteren sieht man an den Steinen der Gebäude Uxmals sehr gut, wie charakteristisch der Boden Yucatáns ist. Es ist nämlich so, dass der Asteroid, der vor Millionen von Jahren die Dinosaurier aussterben liess, im Golf von Mexiko einschlug. Dadurch erhob sich die Halbinsel Yucatán und trat an die Wasseroberfläche. Die Ereignisse und unterschiedliche Mineralien etc. führten dazu, dass der Boden Yucatans sehr speziell zusammengesetzt ist. Rote Erde ist keine Seltenheit und die Cenotes entstanden auch aufgrund der vorangehend erwähnten Ereignisse. Folgendes Foto zeigt die Farbenvielfalt in den Gesteinen Yucatáns, die auch in den Gebäuden der Mayas erstrahlen.

In der Zone Uxmal kann man auch den Präsidentenpalast, den Palacio del Gobernador, bestaunen. Er steht auf einer Erhöhung und man hat somit einen perfekten Blick über die Stadt. Die Figur mit den beiden Jaguarköpfen war alleine für den aktuell Regierenden.




Nach Uxmal machten wir noch einen kurzen Abstecher nach Kabah. Diese kleine Ruinenstadt war zu Maya-Zeiten eine Militärstation.





Das kleine extra für eifrige Leser (ansonsten zum nächsten Kapitel scrollen)

An dieser Stelle ein Exkurs: in vielen Filmen über die Mexicas  (ausgespr. Meschicas; präferierter Name für die Azteken) oder Mayas, wird generalisiert. Im Film Apocalypto z.B werden die Menschenopfer der Mayas gezeigt. Dabei köpfen die Mayas ihre toten Opfer und werfen den Kopf die Pyramidentreppen hinunter. Dieses Ritual stammt von den Azteken und wurde von den Mayas nicht praktiziert. Es ist aber korrekt, dass beide Völker Menschen geopfert haben. Es gibt jedoch Unterschiede:

Die Mythologie der Mexicas besagt, dass sich Nanahuatzin selber opferte, und sich in die Sonne verwandelte. Dieser Gott der Sonne “Tonatiuh“ (oder Cuáutemoc) wollte oder konnte sich jedoch nicht bewegen, ohne dass man ihm Blut, respektive ein Herz opferte. Für die Mexicas ist das Opfern von Menschen also dazu da, den Gott der Sonne zufriedenzustellen. Sie opfern ihm Blut und Fleisch, weil auch er damals Blut und Fleisch opferte, um zu entstehen. Damit die Sonne immer wieder aufgeht und die Dunkelheit besiegt wird, braucht es also Menschenopfer. Dabei sind die Opfer meist Kriegsgefangene. Die Mexicas führten teilweise nur deshalb Krieg, um Menschenopfer zu gewinnen (sog. guerras floridas “Blumenkriege“).

Laut der Maya-Mythologie ist der Mensch aus dem Mais entstanden. Die Menschenopfer waren somit für den Gott des Regens Chak. Blut wurde also zu Regen. Geopfert werden fast ausschliesslich Kinder, da sie noch rein und jungfräulich sind (= pures Blut).

Weiter gehts: Juego de pelota

Glücklicherweise besuchte ich Mérida genau während den Maya-Festivitäten. Die Mayakultur ist noch sehr stark und merklich in der Gesellschaft dieser Region verankert. Einen Maya zu treffen ist somit nicht sehr schwierig. Sehr viele sprechen Maya und sind ganz, halb, viertel, usw. Maya. Die Festivitäten sollen diesen Stolz repräsentieren und gleichzeitig die Kultur propagieren und verbreiten. Am Samstagabend wurde ein Juego de Pelota („Ballspiel“) auf dem Hauptplatz veranstaltet. Dieses Spiel ist eine rituelle Zeremonie, bei denen die Oponenten Gut und Böse (symbolisch) gegeneinander spielen. Das Ziel ist, denn Ball durch den Ring zu spielen, wobei der Ball nur mit der Hüfte gespielt wird. Dies, weil der Ball zu schwer ist und man sich sehr schnell Finger oder Füsse brechen würde (Video 2). Zu Beginn der Zeremonie wurde der Platz gereinigt (Video 1). Danach verschiedene Tänze für die jeweiligen Götter getanzt und schlussendlich, gespielt. Am Ende spielten die Spieler noch mit einem Feuerball (Video 3) … normales Volleyball wäre den Mayas viel langweilig :-P




Weitere Entdeckungen in Küstennähe

Von Mérida führte meine Reise weiter nach Campeche. Die Küstenstadt im gleichnamigen Bundesstaat ist in in ihrem Kern komplett von einer Mauer umgeben, eher klein und somit auch sehr ruhig. 










Allgemein wird Campeche (Stadt und Bundesstaat) vom Tourismus noch nicht so wahrgenommen. Die grosssen Massen bleiben also (noch) aus. Somit ist der Besuch der archäologischen Städte   Edzná (= Zu Hause der Itzaes) sehr lohnenswert. Die Stadt war ursprünglich 25km2 gross und datiert auf ca. 600 v.Chr und war bis ca. 1000 n.Chr. die wichtigste Stadt auf der Halbinsel. Historisch ist die Stad also durchaus signifikant. In den Jahrhunderten danach verlor Edzná nach und nach an politischer und ekonomischer Stärke und wurde ca. 1450 n.Chr. verlassen.



Der Besuch Edznás war ein absoluter Glücksfall:  Ich konnte die archäologische Städte praktisch im Alleingang besuchen und geniessen - Weniger (Menschen) ist hier also definitiv Mehr (Erlebnis). Etwas, dass durch den Bau des Tren Maya ('Maya-Zug‘) vielleicht bald nicht mer möglich sein wird. Der Zug soll die Halbinsel accesibler machen und auch mehr Touristen nach z.B Edzná bringen.




Ein wenig Karibik-Flair

Nach dem Spaziergang in der prallen Sonne war der Sprung ins warme Nass eine Genugtuung. Ca. 15 Autominuten von Campeche entfernt liegt Playa Bonita ('schöner Strand‘). Die Palmen, der Strand, das Rauschen des Meeres und die Salsamusik liessen definitiv Ferienstimmung aufkommen und waren die perfekte Entspannung, bevor es am darauffolgenden sechs Stunden ins Landesinnere geht.


Übrigens: Ich muss immer wieder schmunzeln, wenn es in Mexiko ans Frühstück geht. Denn Toast mit Marmelade, Joghurt oder Früchte stellen für die Mexikaner kein Frühstück dar. In meinem Hotel in Campeche wurde ein Frühstück serviert. Nachdem mir Toast, Joghurt und Früchte serviert wurden, wurde ich gefragt, was ich denn gerne zum Frühstück hätte. Zur Auswahl stand eine Selektion an Spiegel- oder Rühreiern mit Bohnen. Das wird als Frühstück akzeptiert. Oft isst man aber auch Chilaquiles, Panuchos oder Tacos.




1 Kommentar:

  1. Total spannend, deine Ausführungen. Diese machen Lust auf eine umgehende Reise in dieses faszinierende Land, solange es noch nicht völlig überlaufen ist. Zudem hat mich der Hüftballmatch begeistert - und Brennball funktioniert in Mexiko offensichtlich völlig anders als bei uns ;-)

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