Samstag, 7. März 2020

Kultur auf 2'000m Höhe

Steiniger Aufstieg zu einer Pyramide auf 2'000 m.ü.M, eine riesige Plastik-Hochzeitstorte, Frauenstreik, Kochkurs, Uni und Training. Die Zeit hier beginnt langsam zu rennen. Von Alltagsöde kann ich aber auch nach 1.5 Monaten in Mexiko noch nicht sprechen.

Das wohl interessanteste an der vergangenen Woche war mein Ausflug nach Tepotzlán. Die kleine Stadt liegt etwa eine Fahrstunde südlich von Mexiko-Stadt und trägt - wie das auch bei Taxco der Fall ist - das Label Pueblo Mágico (dt. magisches Dorf). Mit diesem Label werden in Mexiko Städte versehen, die wegen ihres typischen und gepflegten Charakters als besonders sehenswert gelten. Die meisten Pueblos Mágicos verfügen über eine kolonialzeitliche Architektur und befinden sich im zentralmexikanischen Hochland. Tepotzlán empfing meine Begleiter und mich jedenfalls genauso magisch, wie es das Label versprach. 
Uriel, Gisela, Ich und Raúl (v.l.n.r)
Das Städchen besteht aus lauter kleinen Gässlein mit Böden aus Pflastersteinen und farbigen Häusern. Als wir ankamen, fand auf dem Hauptplatz gerade ein Markt statt, auf dem man verschiedene Produkte (z.B. Seifen, Schmuck, Kleider), Essen und auch typische Getränke (z.B. Mezcal) kaufen konnte. Gleich daneben begab man sich, ohne es zu bemerken, ins tiefe Innere des sozialen Lebens Tepotzláns. Denn plötzlich stand man unter einem mit Planen überdachten Markt. Die kleinen Gassen schlängelten sich zwischen dutzenden Essständen hindurch und die verschiedenen Gerüche von klassischen Gerichten vermischten sich mit dem Lärm der Essenden, die sich laut und fröhlich über x-beliebige Dinge unterhielten. Zwischendurch hörte man einen Verkäufer, der versuchte, mit lautem Schreien den Konkurrenten vom Stand nebenan zu übertönen. Das Ambiente war wirklich amüsant und ich musste mir Mühe geben, nicht mein Handy zur Hand zu nehmen und das Ganze zu filmen. Denn die Mexikaner begutachteten mich bereits neugierig, als ich nur stehen blieb, und mit einem verschmitzten Lächeln das Spektakel betrachtete. 

 


Die Atmosphäre jedenfalls weckte in mir den Hunger und ich gönnte mir in einem Restaurant neben dem Marktplatz - aufgrund der etwas fehlenden resp. anderen Hygiene in den Essständen in Märkten und Strassen sollte ich mich noch nicht auf dieses Essen stürzen - das nächste typisch mexikanische Gericht. Chilaquiles verspeisen die meisten Mexikaner, so sagte man mir, als Frühstück. Der Kommentar "Aber eigentlich kannst du das immer essen" zeigt jedoch, wie sehr die Mexikaner die Chilaquiles lieben und somit konnte ich auch um 12 Uhr noch Chilaquiles bestellen (denn die gibt es immer, auch wenn es eigentlich ein Frühstück ist). Das Fundament der Chilaquiles sind eigentlich in handliche Stücke zerbrochene Tortillas, wobei es auch Versionen gibt, in denen ein ganzer Tortilla auf den Teller kommt. Die Tortillas übergiesst man dann mit einer warmen Sauce (grün oder rot) und addiert dann noch geriebenen Käse. Schlussendlich kommt noch ein Topping aus entweder einem Spiegelei (eher Frühstück) oder einem Stück Fleisch (Rest vom Tag) dazu.



Die Chilaquiles waren ganz okey, gehören aber (noch) nicht zu meinen kulinarischen Mexiko-Favoriten. Nichts desto trotz gaben sie mir aber die nötige Energie, um den steinigen, steilen und langen Aufstieg zu einer Pyramide zu bewältigen. Nach ungefähr einer Stunde erreichte meine kleine Reisegruppe bestehend aus Gisela (Chisela ausgesprochen), Raúl, Uriel und mir die hochgelegene Pyramide (2'000 m.ü.M). Nicht ganz alleine setzten wir uns auf den Rand der Pyramide und sahen in die Weiten Mexikos. Der Aufstieg war aber eigentlich interessanter als die Sehenswürdigkeit ganz oben.







Die Flautas

Konnten die Chilaquiles in Tepotzlán mich nicht wahnsinnig überzeugen, so erfüllten die Flautas ihre Mission vorzüglich. Flautas stellten nämlich das nächste mexikanische Gericht auf meiner Kochkursliste dar. Dazu füllten wir Tortillas mit drei verschiedenen Sachen, damit ich gleich mehrere verschiedene Dinge aufs Mal ausprobieren konnte. Die mit Kartoffel-Chorizo, Käse und Poulet gefüllten Tortillas wurden dann immer im Dreierpack frittiert und danach auf einen Teller gelegt. Darüber kam eine Schicht Sauerrahm, gefolgt von einer schicht Spinat (optional könnte man hier auch Salat oder Kohl nehmen), gefolgt von einer weiteren Schicht Sauerrahm und einer Schicht geriebenem Käse (Käse Oaxaca, Oachaca ausgesprochen). Und, weil wir ja in Mexiko sind durfte das absolute Glanzstück jedes Gerichtes nicht fehlen. Die Avocado. Und fertig waren die Flautas. MMMMMMMHHHHHH!!!


Darf ich vorstellen: meine Kochlehrerin Evelyn


Einblick in eine mexikanische Familie

Am Sonntag nach meinem Ausflug nach Tepotzlán wurde ich von Fernanda, einer Kollegin vom Kunstturnen und ihren Eltern zum Mittagessen eingeladen. Gemeinsam fuhren wir ins Zentrum, schlenderten ein wenig durch die Strassen und gingen dann etwas essen. Spannend war aber eigentlich der Nachhauseweg. Denn wir kamen an einer zweistöckigen Bäckerei vorbei in deren oberen Hälfte riesige Hochzeits- und Geburtstagstorten ausgestellt waren. So gern ich Torten mag, eine siebenstöckige Torte wäre sogar mir zu viel ;-).


Nochmals Streik 

Zum nun kommenden Thema werde ich sicherlich nächste Woche nochmals kurz etwas erzählen. Jedenfalls ist es so, dass anlässlich dem internationalen Tag der Frau vom 8. März hier in Mexiko-Stadt eine grosse Demonstration stattfinden wird. Die Gewalt gegen Frauen ist in Mexiko ein sehr grosses Problem und auch einer der Gründe für den Streik meiner sowie noch weiteren Fakultäten. Es gibt Morde, die Männer an Frauen begehen, nur weil es eben Frauen sind. Die Machistenkultur ist hier noch stark zugegen und im Moment gibt es eine starke Gegenbewegung der Frauen. Jedenfalls wird am Montag 9. März zu einem landesweiten Streik der Frauen aufgerufen. Nach dem Motto "Einen Tag ohne uns Frauen" will man den Männern zeigen, wie eine Welt ohne Frauen wäre. Viele Frauen werden also an diesem Tag ihr Haus nicht verlassen und auch meine Vorlesung vom Montag findet nicht statt. Das Training am Morgen findet jedoch in minimierter Form statt. Ob ich gehe oder nicht, weiss ich noch nicht. Denn das ganze Thema berührt mich emotional sehr und ich finde es traurig, dass ein so schönes Land wie Mexiko mit all diesen tollen Menschen die ich bisher kennengelernt habe unter einer solchen Sache leiden muss....

2 Kommentare:

  1. Liebe Mirjam
    Danke für den erneut interessanten Bericht aus Mexiko.
    Die Wanderung auf den Vulkan sieht nicht wirklich nach einem schweizerischen Wanderweg aus, war sicher lustig!
    Die Märkte sehen sehr authentisch aus, hat es eigentlich dort viele Touristen? Das mit den Frauen ist schwierig nachvollziehbar, da sind wir in der Schweiz schon ein grosses Stück weiter. Freue mich auf "unsere" Zeit bei dir.
    bis bald Mami

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    1. In Mexiko hat es immer viele Leute, ob das nun Touristen sind oder nicht. Aber ja, wie überall auf der Welt kann man nicht, ohne andere Touristen zu treffen ;-)

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